Diäten sind der falsche Weg
Wie kann das sein? Es ist grundsätzlich positiv, sich stärker um das eigene Wohlbefinden und die Gesundheit zu kümmern. Denn indem man den eigenen Lebensstil verändert, lassen sich die Entwicklung oder Auswirkung von Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Herzinfarkt oder Schlaganfall positiv beeinflussen und verzögern.
Dennoch warnt Bernd Nasifoglu, Sektionsleiter für Viszeralchirurgie und einer der beiden Leiter des Adipositasnetzwerks Alb-Donau vor zu viel Aktionismus. „Diäten sind keine nachhaltige Lösung, um langfristig das Körpergewicht zu reduzieren. Obwohl sie kurzfristig beeindruckende Resultate erzielen können, basieren sie oft auf starken Einschränkungen der Kalorienzufuhr oder der Lebensmittelauswahl, wodurch der Körper gezwungen wird, Fett abzubauen. Dieser Prozess an sich ist nicht problematisch. Allerdings reagiert unser Körper auf Diäten als potenzielle Hungersituation, indem er die Nährstoffverwertung optimiert, um uns vor möglichen Schäden zu schützen.“
Die Folge kennen die meisten Abnehmwilligen als so genannten Jojoeffekt. Eine strikte Einschränkung der Ernährung lässt sich nicht auf Dauer durchhalten und so nehmen die allermeisten nach der Abnahme wieder zu, viele sogar mehr als sie zuvor abgenommen haben. „Deshalb warnen wir vor Diäten, denn je mehr davon eine Person in ihrem Leben gemacht hat, umso schwieriger wird es für sie, nachhaltig abzunehmen. Der Stoffwechsel passt sich mit jeder Diät an und optimiert sich dabei so effizient, dass selbst bei geringeren Nahrungsmengen eine weitere Gewichtszunahme erfolgt. Ein Teufelskreis, in dem sich viele Patienten zu Unrecht als Versager fühlen“, so Nasifoglu. Dazu kommt, dass gerade bei Neujahrsvorsätzen die Motivation nur kurzfristig vorhanden ist. Wenn wir etwas wirklich wollen, dann setzen wir es sofort um und müssen uns dies nicht für Neujahr vornehmen.
Wenn Diäten nicht der richtige Ansatz sind, wie kann dann der Wunsch nach einem gesünderen und leichteren Lebensstil verwirklicht werden? Nasifoglu erklärt: „Gerade nach den Festtagen und den oft üppigen Mahlzeiten tut es gut, sich an der frischen Luft zu bewegen. Ein Spaziergang in der kühlen Winterluft versorgt den Körper mit Sauerstoff und man spürt oft selbst, wie er sich über die Bewegung freut. Mit der Zeit können diese Spaziergänge länger werden und die Bewegung intensiver. Eine gesunde Möglichkeit ist beispielsweise Nordic Walking, das den gesamten Körper trainiert. Für Menschen mit einem höheren Anfangsgewicht sind auch Sportarten im Wasser sehr zu empfehlen.“
Ohne eine Änderung des Essverhaltens geht es aber auch nicht. Diese sollte langfristig angelegt sein. Wer versucht, so viel wie möglich selbst zu kochen und unverarbeitete Lebensmittel zu verwenden, hat bereits einen bedeutenden Schritt unternommen. Fertigprodukte mögen zwar praktisch und zeitsparend sein, enthalten jedoch oft große Mengen Zucker und andere Geschmacksverstärker. Natürliche Lebensmittel sättigen hingegen, ohne immer wieder das Verlangen nach Süßem zu wecken. Auch deshalb sollte man versuchen, den eigenen Zuckerkonsum zu reduzieren. „Zucker ist ein bedeutendes Thema. Man kann regelrecht süchtig danach werden und das ständige Auf und Ab im Insulinspiegel fördert Heißhungerattacken“, so Nasifoglu. Obst und vor allem Gemüse sind dagegen empfehlenswert, sollten aber immer eingebunden sein in einen ausgewogenen Ernährungsmix. Denn sonst ist es doch wieder eine Diät mit all ihren negativen Auswirkungen.
Die Motivation kann durch flexible Regeln gestärkt werden. Statt sich z.B. vorzunehmen, gar keine Schokolade mehr zu essen, ist es besser, sich vornehmen, die Menge zu reduzieren oder auf einen höheren Kakaoanteil zu achten. Das lässt sich leichter umsetzen und man vermeidet das Gefühl, gleich aufgeben zu können, wenn man einmal schwach geworden ist. Nasifoglu: „Generell raten wir dazu, Veränderungen in kleinen Schritten anzugehen. Das gilt sowohl für die Ernährung als auch für Bewegung oder Verhaltensänderungen. Dadurch mag das Ziel zwar langsamer erreicht werden, aber die Veränderung ist nachhaltiger und letztendlich ist der dauerhafte Erfolg das, was wir bei Veränderungen im Lebensstil anstreben.“
Besonders bei einem hohen Ausgangsgewicht ist eine Betreuung durch einen Ernährungsmediziner sinnvoll. Denn hier ist genaues Hinsehen erforderlich. Welche Probleme sind bereits aufgrund des Übergewichts entstanden und wie können sie positiv beeinflusst werden? Wo liegen die Ursachen und wo kann am besten angesetzt werden? Dies muss individuell für jeden Fall entschieden werden. Daher bin ich dankbar, dass wir in unserem Adipositasnetzwerk mit Frau Dr. Krauss aus Erbach eine äußerst kompetente Ernährungsmedizinerin haben. Wer also wirklich Veränderungen herbeiführen möchte, sollte diesen Plan mit seinem Hausarzt besprechen und auch eine Überweisung zur Ernährungsmedizin ansprechen“, so Nasifoglu.
Übergewichtige Patienten können sich auch auf der Homepage des Adipositas Netzwerks Alb-Donau informieren: https://www.adipositas-netzwerk-alb-donau.de
Zudem finden monatlich Infoveranstaltungen im Gesundheitszentrum Ehingen statt – der nächsten sind am 5 Februar und 3. März ab 17:30 Uhr.